Permakultur: mit der Natur arbeiten statt gegen sie
Viele Menschen suchen nach Möglichkeiten, sich für den Schutz der Umwelt, gegen die Wegwerfgesellschaft und für ein faires Zusammenleben zu engagieren. Die Permakultur orientiert sich an den Gegebenheiten der Umgebung. Zum Beispiel beim Anbau von Nahrungs- und Arzneimitteln, von Fasern für Textilien oder beim Bauen.
Was heisst "Permakultur"?
Mit den Prinzipien der Permakultur (Permanente Agriculture) eröffnen sich Möglichkeiten für eine dauerhafte (nachhaltige) und sozialverträgliche Landwirtschaft, die sich auf der ganzen Welt anwenden lassen. Etwas verzögert erforscht man sie auch in der Schweiz. Eigentlich geht es über die Landwirtschaft hinaus und beinhaltet die ganze Lebensweise.
Früher wurden Kreisläufe automatisch geschlossen, mangels Alternativen. Abfälle standen als Rohstoffe wieder zur Verfügung. Die Permakultur ist also nichts Neues. Nur passt der Kreislaufgedanke so gut zum Zeitgeist, dass man sie als Modeerscheinung wahrnehmen könnte. Auch ist Permakultur nicht eine Rückkehr zur Steinzeit. Vielmehr ist sie eine Kombination von Bewährtem mit neuer Technologie, die möglichst ohne fossile Energie auskommt.
Von der Natur lernen und sorgfältig planen
Hochbeete, Kräuterspiralen und Mischkulturen sind bekannt und kommen in der Permakultur als Anbaumethoden vor – vorausgesetzt, sie machen im konkreten Projekt Sinn. Es ist die sorgfältige Beobachtung der Umgebung (Klima, Sonneneinstrahlung, Wind, Wasservorkommen, soziale und ökonomische Aspekte etc.), das Kooperieren und Integrieren sowie die gute Planung, was die Permakultur zu ihren Errungenschaften zählen darf. Zur Planung gehört auch die Einteilung der räumlichen Umgebung in Zonen. So werden Flächen in der Nähe der Wohnbereiche anders behandelt als Flächen, die weiter entfernt sind. Die umgebenden Lebensräume mit ihren Pflanzen und Tieren werden miteinbezogen. Auch die Ästethik darf nicht vergessen gehen.
Von der Natur lernen und mit ihr statt gegen sie arbeiten: Statt den Boden wie in der hochindustrialisierten Landwirtschaft mit schweren Maschinen, Monokulturen und Pestizideinsätzen zu belasten, bis nichts mehr wächst, setzt man auf Vielfalt, leichte Werkzeuge und Handarbeit. Man schafft so Ökosysteme, die sich selbst erhalten, die robust sind und den Boden permanent (nachhaltig) Humus aufbauen lassen. So bleibt er auf lange Sicht fruchtbar für die Produktion von gesunden Lebensmitteln. Die Arbeitsweise der Permakultur greift auf altbewährte einfache Methoden zurück und kombiniert diese optimal mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Bio oder Permakultur?
Zum biologischen Landbau gibt es viele Überschneidungen und Gemeinsamkeiten. Die Permakultur geht noch weiter und versucht zum Beispiel, möglichst auf den Einsatz fossiler Energien zu verzichten. Auch der Herausforderung des Biolandbaus, dem im Vergleich zum konventionellen Anbau etwas grösseren Flächenverbrauch entgegenzuwirken, könnten Methoden der Permakultur helfen. Ein Label wie für Bioprodukte gibt es für die Permakultur aktuell nicht.
Earth care, people care und fair share
Mit der Erde achtsam umgehen, alle Menschen gut behandeln, dem Konsum Grenzen setzen und so für eine gerechte Verteilung sorgen, dies sind die drei Grundprinzipien. Permakultur ist demnach mehr als die Produktion von Nahrung an sich. Sie verfolgt einen holistischen Ansatz einer verantwortungsvollen Lebensweise, die versucht, die menschlichen Bedürfnisse durch ökologische und regenerative Lösungen zu decken. Dies bedeutet, auch mit den persönlichen Energieressourcen sorgfältig umzugehen, genügend Erholung und eine gesunde Ernährung. Permakultur meint nicht, schuften bis zum Umfallen. Erfolge und Erträge dürfen genossen und gefeiert werden. Der Austausch untereinander – sei es von Emotionen, Wissen oder Gütern und das Schaffen von Netzwerken ist wichtig.
Permakultur ist hier und jetzt und für alle möglich
Oft starten Projekte im persönlichen Umfeld, innerhalb der Familie oder in Hausgemeinschaften. Es gibt ganze Permakulturdörfer oder Unternehmen, die nach den Ideen der Permakultur funktionieren. In solchen Unternehmen werden Hierarchien weniger wichtig. Vielmehr werden die Leute motiviert mit- und quer zu denken. Die Arbeit wird vielfältig auf die Mitarbeitenden verteilt, um Monotonie – ähnlich wie draussen auf dem Feld – zu vermeiden.
Nach der Idee der Transition-Town-Bewegung, welche die Permakultur in die urbanen Gebiete bringt, entstehen auch in Luzern und den umliegenden Gemeinden „essbare Landschaften“ für die Bevölkerung: Auf einst für Menschen und andere Lebewesen nutzlosen Flächen, wachsen heute Beeren und Obst für alle, ganz besonders auch für Kinder auf Schulanlagen. Die Herausforderung solcher öffentlicher Naschgärten ist, dass diese auch mit wenig Pflegeaufwand Früchte abwerfen. Die Antwort ist wiederum Vielfalt und eine mutige, vielleicht ungewohnte Auswahl von mehrjährigen Pflanzen. So finden auch kleinere Lebewesen Raum und Nahrung: Die Biodiversität im Siedlungsraum wird gefördert. Die Grenzen zwischen Nützlingen und Schädlingen verfliessen, auf den Einsatz von giftigen Pestiziden auf diesen öffentlichen Grünflächen wird verzichtet.
Später als im restlichen Europa kommt die Permakultur auch bei uns in der Landwirtschaft an. Projekte aus der Region sind der Erlenhof in Büron, das Querbeet in Grosswangen und der Chuderboden oberhalb Schachen bei Malters. Erfreulich für alle motivierten Permakulturlandwirt:innen ist, dass der Bund seit 2020 neu auch Mischkulturen anerkennt und dafür Direktzahlungen spricht.
Von Südspanien über Marokko, Madagaskar bis nach Indien gibt es erfolgreiche Beispiele, wo in sehr trockenen Regionen der Welt Böden mit Hilfe der Permakultur wieder fruchtbar gemacht werden konnten. Ein besonderes Projekt eines kleinbäuerlichen Betriebes Bec Hellouin liegt in der Normandie, wo sonst industrialisierte Grossbetriebe dominieren. Wissenschaftler haben diesen Hof erforscht und ihre Erkenntnisse belegen, dass der Betrieb auf der gleichen Fläche und mit kaum maschineller Unterstützung mehr Ertrag und Gewinn bringt, als ein normaler Biobetrieb.
Nicht alle haben einen Hof oder ein eigenes Grundstück mit Garten. Trotzdem sind viele Aspekte dieser bewussten Lebensweise umsetzbar. Ein paar Tipps:
- nur verbrauchen, was wir wirklich benötigen, um keine wertvollen Ressourcen unserer Erde zu verschwenden: zum Beispiel Foodwaste vermeiden, kurze Distanzen zu Fuss oder mit dem Velo zurücklegen und so auf Erdöl verzichten
- das Geld bewusst für lokale und saisonale Produkte (z. B. direkt bei den Bio-Produzent*innen) ausgeben oder ein Gemüseabo organisieren, statt auf vermeintliche Aktionen und Schnäppchen hereinfallen
- dem Boden Sorge tragen und Lebensmittel von Produzent*innen beziehen, die diesen nicht mit Pestiziden oder unsorgfältiger Bewirtschaftung belasten: Viele (kleine) zertifizierte Biobetriebe in der Schweiz verfolgen ähnliche Prinzipien wie die Permakultur und verzichten zum Beispiel auf die Verfütterung von Soja aus Brasilien, obwohl es gemäss Bio-Richtlinien erlaubt wäre
- Kreisläufe auch im Kleinen schliessen:
- aus dem eigenen Grüngut einen Kompost anlegen (oder Terra Preta), daraus kann Erde für die Balkonpflanzen oder den Gemüsegarten entstehen – der Transport von Pflanzerde in Plastiksäcken entfällt
- Dinge reparieren (oder reparieren lassen in einem Repair Café) statt wegwerfen, sie in eine andere Funktion überführen oder jemandem weitergeben
- bei Materialbedarf offcut besuchen, sie sammeln Gebraucht- und Restmaterialien und machen so aus Reststoffen wieder Werkstoffe
- Keine Esswaren wegwerfen, dafür Resten verwerten (sieh oben: Foodwaste)
- Sich rücksichtsvoll in der Natur aufhalten und deren positive Wirkungen wie Ruhe, Farben, Ästhetik, Vielfalt und Bedingungslosigkeit bewusst wahrnehmen
- Selbst kreativ sein, neue Ideen entwickeln und diese mit anderen teilen – besonders mit Kindern
Die vielen Beispiele der Permakultur zeigen, es ist möglich, ökologisch zu leben, ohne gleich aus der Gesellschaft auszusteigen, in die Steinzeit zurückzufallen und auch ohne den Lebensstandard zu verringern. Eine bewusste und gesunde Genügsamkeit (Suffizienz) kann die Lebensqualität sogar erhöhen.
Kennen Sie ein weiteres Permakulturprojekt im Kanton Luzern, dann schreiben Sie uns bitte!