E-Auto vs. Verbrenner
Ratgeber
Diverse Fragen tauchen in Bezug auf die Elektromobilität auf. In diesem Artikel wird aufgezeigt, welche Vorurteile berechtigt sind oder widerlegt werden können.
Ratgeberfrage
Die Stadt Luzern möchte bis 2040 keine Verbrennungsmotoren mehr zulassen. Dies sehe ich aus folgenden Gründen kritisch:
- Ein E-Motor braucht tausende von Kilometer bis er grün läuft;
- Für den Abbau von Lithium werden Millionen Liter von Trinkwasser vernichtet;
- Wenn ein E-Auto brennt braucht es bis zu 110000 Liter Wasser zum Löschen;
- Die Entsorgung der giftigen Batterien ist bis zu heutigen Zeitpunkt nicht gelöst;
- Die Stromversorgung wird komplett zusammenbrechen.
Wir haben keine Glasglocke über der Schweiz und wenn schon Saharasand zu uns kommt dann kommt auch die schmutzige Luft zu uns oder stellen sie Stoptafeln auf und Luzern wird verschont?
Vor den Antworten einige Grundlagen zur Städtischen Strategie
- Bereits 2011 wurde der Weg zur 2000 Watt Gesellschaft mit einer städtischen Volksabstimmung bestätigt. Die Gefahr des Klimawandels wurde anerkannt und der Wille lokal einen Beitrag dagegen zu leisten, wurde demokratisch legitimiert.
- Das Auto resp. die auf Verbrennung von fossilen Energieträgern basierte Mobilität verursacht zirka 40% der in der CH benötigten Energie.
- Wissenschaftlich erwiesen und im neustem IPCC Bericht festgehalten ist der menschliche Beitrag zum Klimawandel.
- Die Auswirkungen des Klimawandels sind vielseitig – ebenso vielseitig sind Massnahmen, welche in Strategien festgelegt werden.
In der Klimastrategie der Stadt Luzern vom April 2020 ist das übergeordnete Ziel:
- Die Risiken, die sich durch den Klimawandel ergeben, sollen minimiert werden.
- Die Anpassungsfähigkeit von Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Infrastruktur soll im Hinblick auf die Veränderungen des Klimas erhöht werden (Resilienz).
Antworten
Umweltfreundlich (grün) läuft kein Auto. In der Ökobilanz fällt beim Elektromobil der erhöhte Rohstoffverbrauch (v. a. die Batterie) ins Gewicht.
Wichtig ist zudem, wie der Strom zum Laden des Fahrzeuges erzeugt wird. (Atom, Kohle, Solar, Wasser etc.) Diesbezüglich steht die Schweiz im Vergleich zu andern Ländern mit 75% nachhaltig erzeugtem Strom vergleichsweise gut da.
Aktuell wird mit 30'000 km Fahrleistung gerechnet, bis der erhöhte Rohstoffverbrauch des E-Autos mit dem Verbrenner "gleichzieht". Nicht einberechnet ist die Weiterverwendung der Batterie (Second use), wie auch das Recycling auf welches weiter unten eingegangen wird. Die Weiterverwendung der Rohstoffe verbessert die Ökobilanz zugunsten des E-Autos stark.
Der Abbau von Rohstoffen ist ein grosses Problem. Vielfach geschieht dies in finanziell armen Ländern mit schwachen Staatsstrukturen. Entsprechend sind Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden leider keine Seltenheit. Verschmutzung von Trinkwasser und Zerstörung von Lebensräumen sind traurige Tatsachen. Dazu gehört nicht nur der Abbau Lithium (v. a. Australien und Chile) und andern Metallen, sondern auch das Fördern und transportieren von Erdöl.
Die Unterstützung von religiösen und politischen Gruppen aus dem Verkauf von Erdöl oder andern Rohstoffen ist ebenso eine Tatsache. Jährliche Ölkatastrophen durch sinkende Schiffe, brennende Förderplattformen oder lecke Pipelines sind grosse Umweltzerstörer, welche jederzeit in der Ökobilanz der Verbrennungsmotoren einkalkuliert werden müssten.
Zudem emittiert die Verbrennung von Erdöl zusätzliches CO2 in die Atmosphäre, was zur globalen Klimaerkrise führt. Diese Tatsachen entfallen beim Abbau von Lithium, wodurch dieser unter Anbetracht oben aufgeführter Aspekte umweltfreundlicher ist.
Lithiumhaltiges Salzwasser aus unterirdischen Seen wird an die Oberfläche gebracht und in großen Becken verdunstet. Die verbleibende Salzlösung wird über mehrere Stufen weiterverarbeitet, bis das Lithium zum Einsatz in Batterien geeignet ist. ... Unstrittig ist: Für die Lithium-Gewinnung selbst wird kein Trinkwasser benötigt. Umstritten ist dagegen, in welchem Ausmaß die Entnahme von Salzwasser zum Nachströmen von Süßwasser führt und damit den Grundwasserspiegel am Rand der Salare beeinflusst.
Herstellung, Bearbeitung und Vertrieb sollte deshalb transparent sein, unabhängig der Rohstoffe um die genannten schädlichen Auswirkungen zu minimieren.
Elektroautos sind in der Gefährdungsbeurteilung nicht von den Verbrennern zu unterscheiden. Die Herausforderung bei der Feuerbekämpfung ist der Kunststoffanteil der Fahrzeuge (Quelle: Bericht ADAC) Tendenziell ist es eher so, dass E-Autos weniger häufig brennen als «Verbrenner».
Bei einem E-Auto wird der mögliche Recyclinganteil der Batterie auf über 95% geschätzt. Ein rentables Recyclingverfahren muss noch entwickelt werden, aber ein erhöhtes Volumen an alten Batterien wird diesen Entwicklungsprozess beschleunigen.
Wird die Batterien später (wenn sie nur noch zu zirka 75% ladbar ist) für eine Speicherlösung z. B. in einem Haus verwendet, kann die Batterie weitere 10 bis 20 Jahren als Speicher für Solaranergie dienen. Dies unterstützt die Netzstabilität Nacht/Tag und hilft bei der Entlastung der dezentralen Stromerzeugungen.
Die gute Nachricht lautet jedenfalls: Elektroautos sind kein Recyclingproblem
Da die Industrie in der Vergangenheit, nach meiner Meinung, nicht damit geglänzt hat nachhaltig zu wirtschaften, braucht es wohl gesetzliche Rahmenbedingungen welche standardisiertes und recyclingfreundliches Batteriedesign definieren:
- reparierbar (Elektronik, einzelne Zellen...)
- wiederverwendbar (Second use)
- stoffliche Wiederverwendbarkeit
Strom und Elektromobilität
Es gibt grosse (v. a. schwere) Unterschiede bei den angebotenen E-Fahrzeugen.
Ein «E-Kleinauto» verbraucht laut Umweltliste des VCS ab 14 kwh/100km, ein grosses, schweres Auto bis 27 kwh/100km (was dennoch effizienter als der kleinste Verbrenner mit 4 Liter/100km ist). Dies, weil Elektromotoren mit einem Wirkungsgrad von über 80% min. doppelt so effizient als Verbrennungsmotoren mit einem Wirkungsgrad von bestenfalls 40% (Durchschnitt eher 25%) sind.
Alleine die Herstellung von 7 Liter Benzin (Standartverbrauch eines Verbrenners) in der Raffinerie etc. verbraucht zirka 11 kwh Strom. (Quelle: Edison)
Wenn also der Strom, welcher zur Herstellung des Treibstoffes gebraucht wird für die E-Mobilität genutzt würde, könnte damit bereits ein grosser Teil der Fahrstrecken zurückgelegt werden.
Bei der Elektromobilität sollte auf eine nachhaltige Stromerzeugung geschaut werden. Aber auch über die Grenzen der Mobilität hinweg wird die Energiebereitstellung eine grosse Herausforderung für die Gesellschaft werden. Kapazitäten z. B. Wasserwerke, Solar auf Hausdächer etc. bestehen und könnten einfach ausgebaut werden (v. a. Solar). Weitere Lösungsansätze sind da. Der politische/demokratische Wille dies umzusetzen wird hoffentlich noch folgen.
Informationen zur nachhaltigen Stromerzeugung in der Schweiz finden Sie unter diesem Link.
Neben der Effizienz (bessere Fahrzeuge, gedämmte Häuser, weniger Ressourcenverbrauch...), muss dem Potenzial der Suffizienz (Genügsamkeit) mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Der aktuelle Ressourcenverbrauch muss sinken. Nur: Wird die Gesellschaft eine entsprechende Entwicklung, Vorbereitung mittragen oder wird so weiter gelebt, bis ein Teil der Lieferkette oder das lebenserhaltene System wie wir es kennen (Klima) kollabiert?
Denn wie Sie festgestellt haben bei Punkt 6: "die schmutzige Luft" (wie auch alle andern Stoffkreisläufe) halten sich nicht an Landesgrenzen. Diese Herausforderungen zu meistern ohne gewaltiges Leid zu erzeugen wird enorm schwierig. Die geplanten Massnahmen sind ein erster Schritt in die notwendige Richtung.